Kurzsichtige Entscheidung

In Ingoldingen gibt es einen Konflikt um den Waldkindergarten. Eine Elternbeirätin hat uns nachstehehenden Leserbrief geschickt:
In der jüngsten Gemeinderatssitzung in Ingoldingen wurde beschlossen, den Waldkindergarten aus dem Bedarfsplan zu streichen. Dass dies rechtswidrig ist, hat der Vorstand des Waldkindergartens den Gemeinderatsmitgliedern vorab mehrmals schriftlich mitgeteilt. Dies wird nun voraussichtlich einen Rechtsstreit nach sich ziehen.
Vor 15 Jahren wurde der Waldorf-Waldkindergarten gegründet. Seitdem gibt es jedes Jahr mehr Anmeldungen als freie Plätze. Kinder aus der Gemeinde Ingoldingen wurden seit jeher bevorzugt aufgenommen. Jeden Tag lernen die 20 Kinder zwischen Demeter-Bauernhof und Wald hautnah, was Nachhaltigkeit bedeutet. Eine solche jahrelange erfolgreiche Kooperation zwischen Gemeinde, Bildungsträger und Landwirtschaft ist einzigartig zwischen Ulm und Bodensee. Damit soll nun ab August 2026 Schluss sein.
Die Abstimmung verlief einstimmig und ohne Diskussion, obwohl der Waldkindergarten den Gemeinderäten mehrmals die Einschätzung ihres Rechtsanwaltes vorgelegt hat, dass unter anderem nach Paragraph 4 des Sozialgesetzbuches VIII die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen soll, soweit geeignete Einrichtungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden.
Gleichzeitig wurde damit dem Argument der Kosteneinsparung widersprochen. Waldkindergärten sind deutlich kostengünstiger als Haus-Kindergärten: Nahezu kein Gebäudeunterhalt, kein Stromverbrauch und kaum Wasserverbrauch – reine Investition in Bildung. Das Essen der Kinder wird vor Ort auf einem Gasherd zubereitet, ohne teures und subventioniertes Catering. Darüber hinaus riskiert die Gemeinde die Übernahme der Verfahrenskosten im Falle eines verlorenen Rechtsstreits.
Die über 20 anwesenden Erzieherinnen, Vorstände und Eltern sind schockiert über die diskussionslose einstimmige Beschlussfassung. Stellungnahmen von mehreren mitgliederstarken Verbänden aus dem Landkreis Biberach, wie dem NABU und BUND, wurden vom Gemeinderat ignoriert. Positive Beispiele der Trägerkooperation wie bei der Stadt Biberach oder in Bad Schussenried wurden nicht in Betracht gezogen. Dort sind die freien Träger in der zentralen Platzvergabe über das Rathaus gleichberechtigt aufgeführt, was in Ingoldingen bisher nicht der Fall war.
Der Vorstand des Waldorf-Waldkindergartens bedauert diese kurzsichtige Entscheidung und prüft nun die Einleitung rechtlicher Schritte, um die Zukunft der Einrichtung und das Wohl der Kinder zu sichern.
Sonja Hummel, Ingoldingen (Elternbeirätin)