Herzog Ulrich von Württemberg und Georg III. von Waldburg, der Bauernjörg
Bad Waldsee – In Teil 4 der Vortragsreihe des Stadtarchivs ging es um einen Themenkreis, der starken Bezug zu (Bad) Waldsee hat, dem Geburts- und Sterbeort des „Bauernjörgs“. Wohl deshalb verlegte Stadtarchivar Michael Tassilo Wild diesen Abendvortrag ins Kornhaus. So war die Pfeilerhalle schon lang vor Beginn bis auf den letzten Platz besetzt. Genannt sei als Besucher Altbürgermeister Rudolf Forcher. Mit Prof. Peter Rückert, Leiter des Hauptstaatsarchivs Stuttgart hatte Wild den derzeit wohl profundesten Kenner der Beziehungen zwischen Herzog Ulrich von Württemberg und Georg III. von Waldburg, dem Bauernjörg.
Stadtarchivar Michael Tassilo Wild bei seinen einführenden Worten.
Christoph Liebmann bei der Begrüßung namens der Stadt Bad Waldsee.
Professor Peter Rückert bei seinem Vortrag im Kornhaus in Bad Waldsee.
Hilfreich für das Zustandekommen des Vortrages waren natürlich auch die guten Verbindungen des Stuttgarter Gasts zu Bad Waldsee. Im Rahmen eines Projekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) forscht auch Rückert in den drei „Archiven“ zur hiesigen Umweltgeschichte. Es sind dies: das Stadtarchiv, Stadtsee und – Holz! Anders gesagt: Über die Auswertung vom Jahresringstrukturen kann das Alter historischen Gebälks bestimmt werden (Dendrochronologie). Christoph Liebmann, Leiter des städtischen Fachbereiches Zentrales, Ehrenamt und Öffentlichkeitsarbeit, sprach namens der Stadt ein Grußwort und dankte Rückert für dessen Bereitschaft, in Waldsee zu sprechen; es sei ja kein Geheimnis, dass Rückert gerne in unserer Stadt sei. Wild stellte den Referenten vor und verwies auf dessen Professur an der Uni Tübingen sowie auf seine Kuratierung der großen Landesausstellung zu den Bauernkriegen ab kommendem Januar in Stuttgart und danach in Bad Schussenried.
Hinweis zum Eisernen Mann
Eingangs wies Rückert darauf hin, dass das Epitaph „Der eiserne Mann“ in der Pfarrkirche St. Peter (einst Stiftskirche) nicht die Grabstätte des Bauernjörg sei, was vielfach fälschlicherweise angenommen wird. Das Epitaph ist eine der Erinnerung dienende Darstellung.
Herzog Ulrich von Württemberg. Zeitgenössische Darstellung.
Ulrich
Zunächst porträtierte Rückert die beiden Protagonisten des Abends. Herzog Ulrich kam als Sohn Heinrichs des Verrückten im damals württembergischen Reichenweier (Riquewihr) im Elsaß 1487 zur Welt. Er wurde am Hof Herzog Eberhards im Bart, Cousin seines Vaters, erzogen. Nach Absetzung Eberhards durch König (später Kaiser) Maximilian wurde Ulrich als Herzog Ulrich III. von Württemberg 1498 eingesetzt, bekam einen Vormund und wurde mit der erst sechsjährigen Sabina von Bayern, Tochter Maximilians, verlobt. 1503 wurde er für volljährig erklärt. 1510 gab es erste Kontakte zum Bauernjörg, der Diener des Hauses Württemberg aus militärischer Not wurde. 1511 fand die Hochzeit Ulrichs mit Sabina unter außerordentlich großem Pomp in Stuttgart statt. Ulrichs extrem aufwändiger Lebensstil belastete die Staatskasse erheblich. Die Folge davon waren unerträgliche Steuererhöhungen, was zu Unruhen bei den Untertanen führte. Jagd, Musik, ausschweifende Feste, skandalöse Affären mit Frauen sowie Vernachlässigung und nicht standesgemäße Behandlung seiner Gemahlin führten zu politischen Konflikten mit dem Kaiser und dem Hause Bayern. Typisch für Ulrichs Lebensstil sei auch die Ermordung seines Rittmeisters Hans von Hutten während einer Jagd gewesen. Ulrich hatte ein Verhältnis mit der Gattin von Huttens.
Der Mord an Hans von Hutten.
1518 überfiel Ulrich, wohl aus Größenwahn, die freie Reichsstadt Reutlingen, was als Landfriedensbruch galt. Der Überfall scheiterte, weil der Bauernjörg, auf Seiten der Habsburger stehend, den Überfall erfolgreich zurückschlug. Georg Truchsess von Waldburg vertrieb Ulrich und Kaiser Karl V., Nachfolger von Maximilian, unterstellte Württemberg dem Haus Habsburg.
Ulrichs Rüstung.
Ulrichs Helm.
Jagdtrophäe Ulrichs.
Wiederholte Versuche Ulrichs, sein Land zurückzugewinnen, scheiterten. Ulrich verbarg sich auf Burg Blankenstein in Hessen und versuchte auch, durch Instrumentalisierung der Reformation Einfluss zu gewinnen. Erst mit Hilfe Philipps I. von Hessen und seinen Truppen gelang nach der Schlacht von Lauffen am 13. Mai 1534 die Entfernung der habsburgischen Statthalterschaft über Württemberg und damit die Rückkehr Ulrichs nach Württemberg. Sofort führte er die Reformation in Württemberg ein, enteignete Klöster, ließ Heiligenfiguren aus Gotteshäusern entfernen. Mit dem Vehikel der Reformation wollte Ulrich auch die Sympathien der Untertanen gewinnen.
Georg
Medaille, das Profil Georgs zeigend, geprägt auf der Höhe seines Wirkens.
Der junge Bauernjörg, geboeren 1488 in Waldsee, wurde von seiner Mutter zum Bischof von Augsburg gebracht, wo er seine Erziehung und Bildung durchlief. Somit war er sehr religiös geprägt. 1517 unternahm er eine ihn prägende Wallfahrt nach Santiago de Compostela, der Grabstätte des Apostels Jakobus. Sein ältester Sohn erhielt wohl deshalb den Namen Jakob. Der Bauernjörg, stets auf der Seite des Hohen Adels und das „alten“ (katholischen) Glaubens, stand schon bald in (militärischen) Diensten großer Fürstenhäuser und entwickelte sich zum geachteten und gefürchteten Feldherrn. So leistete er zunächst auch Dienste für Ulrich, beispielsweise bei der Niederschlagung des Aufstands des Bürger- und Bauernbündnisses „Armer Konrads“ im Jahre 1514. 1519 aber wandte er sich von Ulrich ab und vertrieb ihn.
Zeitgenössische Darstellung Georgs III. von Waldburg.
Ab 1520 in Diensten von Habsburg, bewährt er sich durch Verhinderungen einer Rückkehr Ulrichs. In den folgenden Bauernkriegen 1524 und 1525, ausgehend von der Bodenseegegend, wirft der militärisch kluge Bauernjörg trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit Bauernaufstände im Hegau, Baltringen, Wurzach und Böblingen nieder. Nur in Weingarten kommt es zu einem zukunftsweisenden Vertrag mit dem sogenannten Seehaufen. Auf Wunsch des Schwäbischen Bundes wendet er seine Truppen weit nach Norden über Königshofen bis ins Fränkische einerseits und andererseits ins Allgäu. Die militärisch unerfahrenen Bauernhaufen wurden mit brutalsten Methoden niedergemetzelt. 1531 verstarb der Bauernjörg, während Ulrich systematisch an seiner Rückkehr arbeitete und 1534 erfolgreich in Lauffen vollendete.
Zeitgenössische Darstellung der Waldburg. Geboren ist Georg aber in Waldsee.
Professor Rückert zeigte während seines Vortrags zahlreiche zeitgenössische Illustrationen, beispielsweise von Belagerungen von Festungen, Kampfhandlungen, Schauprozessen, grausamen Hinrichtungen und Darstellungen der beiden Protagonisten in Rüstung und als Herrscher, die man heute als Hofberichterstattung bezeichnen würde. Insbesondere wies er wiederholt auf die bevorstehende Große Landesausstellung zu den Bauernkriegen hin und bot an, persönlich eine Gruppe aus Bad Waldsee durch die von ihm kuratierte Ausstellung zu führen.
Eine interessante Frage während der anschließenden Diskussion war, wieso denn hier oft von einem „Jubiläum“ die Rede sei. Seine Antwort dazu: Sinnvoller wäre der Begriff „fünfhundertjährige Wiederkehr“ oder auch „Erinnerung“ seien in der Tat angemessener. Immerhin aber waren die Bauernaufstände in Deutschland erste Versuche, mehr Rechte einzufordern.
Zeitgenössische Darstellungen der Bestrafung von Besiegten.
Archivar Wild zum Abschluss der Veranstaltung: Professor Rückert hat in Waldsee ein eigentlich trauriges Thema mit Freude vermittelt!
Text und Fotos: Peter Lutz (historische Abbildungen dem Vortrag entnommen)