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Anregender Rundgang mit Wangens Oberbürgermeister Michael Lang

Die Gartenschau ist auch das: eine spannende Freiluft-Kunstausstellung



Foto: Herbert Eichhorn
Oberbürgermeister Michael Lang moderiert die Führung zu den Kunstwerken. Im Hintergrund Jörg Bachs „Reflektor“, polierter Edelstahl.

Wangen – Am letzten Dienstag (6.8.) herrschten auch am Spätnachmittag noch hochsommerliche und durchaus schweißtreibende Temperaturen. Trotzdem hatten sich über 100 bestens gelaunte Besucher eingefunden, um bei einem von Oberbürgermeister Michael Lang beschwingt moderierten Gang über das Gelände der Landesgartenschau die dort gezeigten Kunstwerke zu würdigen.

OB Michael Lang und Reiner Fritz erläutern das Konzept

Das große Interesse an der Veranstaltung hatte nicht nur damit zu tun, dass der OB und Reiner Fritz von der Städtischen Galerie im Badhaus, der die Ausstellung maßgeblich mit vorbereitet hatte, das Konzept erläuterten. Es kam dazu, dass die Hälfte der auf dem Gelände vertretenen 14 Künstler extra zu dieser Veranstaltung angereist war und bereitwillig zu ihren Arbeiten Auskunft gab. Bei dem Rundgang wurden sämtliche 13 Skulpturen besucht und besprochen, bevor die Veranstaltung dann im Blütencafé auf dem ERBA-Gelände endete, wo großformatige Malerei von Margit Hartnagel gezeigt wird.

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Lang und Fritz erläuterten zunächst die Vorgehensweise. Den Kern der Schau bildet eine kleine Gruppe von gewissermaßen gesetzten Künstlern, die gezielt eingeladen wurden. Das sind unter anderem für die Skulptur im deutschen Südwesten so wichtige Bildhauer wie Reinhard Scherer, Klaus Prior oder Jörg Bach. Außerdem gab es eine Ausschreibung, aus der eine Fachjury schließlich die Kunstwerke auswählte, die zusätzlich aufgestellt werden bzw. erst noch vor Ort geschaffen werden sollten. Unter den Ausgewählten finden sich renommierte oberschwäbische Bildhauer wie Friedemann Grieshaber oder Alexander Habisreutinger, aber auch einige Kunstschaffende mit ganz direktem Bezug zu Wangen: Margit Hartnagel und Irene Wanner-Mitter leben in Wangen, Albrecht Zauner ging hier zur Schule.

Oberbürgermeister Michael Lang im Gespräch mit Reinhard Scherer (links) und Reiner Fritz (von hinten). Foto Herbert Eichhorn

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Unterstützung durch Wangener Unternehmen

Oberbürgermeister Lang bedankte sich ausdrücklich beim Wangener Unternehmen Stender, das diese Kunstschau großzügig unterstützt und dadurch mit ermöglicht hat. Außerdem erwähnte er das Holzwerk Baumann, ebenfalls in Wangen ansässig, das die drei großen Bronzeskulpturen von Klaus Prior ausgeliehen hat.

Eindrucksvolle Standorte für die Kunstwerke

Insgesamt kam schließlich eine sehr vielfältige und sehr anregende Auswahl zustande. Fast nebenbei führt diese die verschiedenen Herangehensweisen in der Skulptur der Moderne geradezu exemplarisch vor Augen. Das Spektrum reicht dabei vom klassischen weiblichen Akt in Bronze bis zu Arbeiten aus vergänglichen, einfach zusammengelesenen Naturmaterialien. Gemeinsam mit den Künstlern wählten die Organisatoren schließlich die Standorte für die Kunstwerke aus. Die gefundenen Lösungen überzeugen weitgehend. Nur Zauners Arbeit aus hellem Südtiroler Marmor wirkt etwas lieblos abgestellt. Winfried Beckers Bronzekrokodil steht im hohen Gras am Ufer der Argen, als lauere es dort schon immer auf potentielle Beute. Einige Standorte, etwa diejenigen auf den neu geschaffenen Hügeln, sind besonders eindrucksvoll. Sie lassen den Besucher davon träumen, ob nicht eventuell doch das eine oder andere Kunstwerk dort auf Dauer verbleiben könnte.

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Aufrecht stehende Figuren

Als die klassischste bildhauerische Aufgabe gilt seit der Antike die stehende nackte menschliche Figur. Mit dem überlebensgroßen weiblichen Akt „Diotima“ von Siegfried Haas ist sie in der Auswahl auch vertreten und bildet gewissermaßen den Auftakt für die Abfolge der Kunstwerke. OB Lang berichtet, dass die Bronzefigur schon vor längerer Zeit von der Stadt aus dem Nachlass des ursprünglich aus Wangen stammenden Künstlers erworben wurde. Sie wurde angekauft schon in Hinblick auf die Landesgartenschau und sie wird auch nach diesem Sommer an ihrem Platz über der Argen verbleiben.

Die Gruppe unterwegs zu Siegfried Haas‘ „Diotima“. Foto Herbert Eichhorn

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„Große Figur mit Gesicht“ heißt wenig weiter Friedemann Grieshabers hoch aufragende Arbeit, die etwas von einer Kultfigur aus fernen Zeiten hat. Der Künstler erläutert, dass für ihn die Verwendung des ganz und gar un-klassischen Materials Beton und eine eben bewusst nicht-naturalistische Auffassung der menschlichen Figur zwingend zusammengehören. Auch Guido Weggenmanns „Tanksäule“ sieht aus der Ferne wie ein Kultobjekt aus, nämlich wie ein Totem- oder Marterpfahl der nordamerikanischen Indianer. Tritt man näher, erkennt man, dass hier stählerne Wasserkanister zusammengefügt wurden. Nach Auskunft des Künstlers wurden sie von der Bundeswehr in Nordafrika verwendet und sollen hier nun auf die Gefährdung der Ressource Wasser verweisen.

Drei Köpfe wachen über das Gelände der Gartenschau

Auch für die drei Köpfe von Klaus Prior würde man sich wünschen, sie könnten auf Dauer auf ihrem imposanten Platz verbleiben. Bei ihnen handelt es sich um unterschiedlich patinierte Bronzeabgüsse einer von dem Künstler, der lange in Kißlegg gearbeitet hat, ursprünglich aus Holz geschnitzten Form. Wie die berühmten urzeitlichen Monumentalköpfe auf den Osterinseln scheinen die drei Skulpturen auf einem steilen Hügel gleichsam über das Gelände der Gartenschau zu wachen.

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Klaus Prior, „Drei Köpfe“, Bronze. Foto Herbert Eichhorn

Ein Ort von betörender Schönheit

Auch bei Reinhard Scherers „Fokus“ handelt es sich um eine vertikal aufgerichtete Form. Der Bildhauer erzählt, dass er, als man ihm den ihm zugedachten Standorte zeigte, kurzfristig umdisponiert hat. Statt einer liegenden Arbeit entschied er sich für eine stehende. Das Ergebnis ist spektakulär und verhilft dem Gartenschaugelände zu einem Ort von geradezu betörender Schönheit: Zweieinhalb Tonnen wiegt seine über fünf Meter hohe Skulptur aus rostendem Cortenstahl. Trotzdem überragt sie fast tänzerisch leicht die weite sattgrüne Rasenfläche.

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Reinhard Scherer, Fokus“, Cortenstahl. Foto Herbert Eichhorn

Und schließlich eine liegende Skulptur

Für das Prinzip des Liegens hat sich dagegen Jörg Bach bei seiner eigens für die Gartenschau geschaffenen Arbeit entschieden. Auf einem kleinen Hügel ist seine, ebenfalls äußerst eindrucksvolle, siebeneinhalb Meter breite Skulptur hingebreitet. Ihr Titel „Reflektor“ verweist auf das, was dem Künstler hier besonders am Herzen liegt: In dem blank polierten Edelstahl spiegelt sich die umgebende Natur in immer wieder anderen gebrochenen Bildern.

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Vergängliche Kunstwerke aus gefundenen Materialien

Neben solchen in ihren Dimensionen und in den verwendeten Materialen so eindrücklichen Großskulpturen tun sich diejenigen Kunstwerke etwas schwer, die für eine ganz andere Tradition in der Skulptur der Moderne stehen: für das Arbeiten mit scheinbar wertlosen, gefundenen Materialien. Aber auch diese Arbeiten sprechen die Besucher stark an. Das kleine Häuschen etwa, das Uwe Schäfer und Philipp Beck aus diversen Fundmaterialien wie alten Fenstern und Dachziegeln zusammengefügt haben, zieht die Passanten geradezu magisch an und lädt sie zum Eintreten ein. Man kann dort verweilen, kann auch seine Eindrücke in einem Buch hinterlassen. Das kleine Gehäuse mit dem Titel „Warten VII“ ist auf seine ganz eigene Weise ein eher stiller, magischer Ort zwischen dem quirrligen Treiben auf der Gartenschau.

Uwe Schäfer und Philipp Beck, „Warten VII“, Treibholz, Fenster, Kacheln, Dachziegel. Foto Herbert Eichhorn

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Aus Material, das an der Argen gefunden wurde

Irene Wanner-Mitter hat sechs mächtige Balken aus einem 300 Jahre alten Bauernhaus aufgerichtet, die sie zusammen mit einer Stele zeigt, die mit den für die Künstlerin typischen Formen bemalt ist. Alexander Habisreutinger aus Weingarten berichtet von einem Experiment. Erstmals hat er sich mit einem seiner fragilen hölzernen Gespinsten nach draußen gewagt. Seine luftigen, aus Hölzern von unterschiedlichem Durchmesser quasi geflochtenen Skulpturen kennt man bisher nur aus der Präsentation in Galerieräumen. Nun hat er an der Argen Äste und Fundholz gesammelt, alles getrocknet und zurecht gesägt und schließlich zu einem Objekt zusammengefügt, das er „Modulares Astgeflecht“ nennt. Und nun beobachtet er erstaunt, wie Wind und Wetter gewissermaßen an seiner Skulptur weiterarbeiten.

Das Lieblingsobjekt der Besucher

Ähnlich war die Vorgehensweise des niederländischen Künstlers Michael Hoedjes. Er war mit seiner ganzen Familie ins Allgäu angereist. Mit ihr zusammen hat er am Ufer der Argen Äste und angeschwemmtes Holz gesammelt und schließlich daraus sein „Tree animal“ (also Baumtier) geformt, ein gutmütiges mehrbeiniges Wesen. Mit dieser natürlich sehr vergänglichen Arbeit schuf er eines der berührendsten Kunstwerke der Ausstellung. Es wundert nicht, wenn Oberbürgermeister Lang berichtet, dass sich die Skulptur des Niederländers mittlerweile zum Liebling der Gartenschaubesucher entwickelt hat.

Michael Hoedjes, „Tree animal“, Äste, Holzfundstücke. Foto Herbert Eichhorn

Kunstspaziergang und „aichermagazin“

Es gibt also eine große Vielfalt an attraktiver moderner Kunst zu entdecken auf einem solchen Kunstspaziergang über die Landesgartenschau. Gewissermaßen im Vorbeigehen bekommt man die unterschiedlichsten Möglichkeiten von heutiger Bildhauerkunst vorgeführt. Und wer nach einem solchen Rundgang noch Energie übrig hat, dem sei unbedingt noch der Besuch des „aichermagazins“ empfohlen. Der von der Stadt Isny konzipierte und anspruchsvoll gestaltete Ausstellungspavillon informiert zu Leben und Werk von Otl Aicher, dem wohl berühmtesten und einflussreichsten Designer und Gestalter der Nachkriegszeit.

Das Faltblatt „Garten der Künste“, Foto Herbert Eichhorn

Mit Hilfe des Faltblatts „Garten der Künste“ kann man sich gut auf eigene Faust auf den Weg durch diese Freiluftgalerie innerhalb der Landesgartenschau machen. Bei den einzelnen Kunstwerken liefern dann kleine Texttafeln jeweils Informationen zu den Künstlern und ihren Überlegungen.

Außerdem werden spezielle Führungen zur Kunst auf der Gartenschau angeboten, entweder als offenes Angebot oder nach Anmeldung auch für Gruppen.
Herbert Eichhorn

Landesgartenschau in Wangen im Allgäu

26. April bis 6. Oktober 2024
Geöffnet von 9.00 Uhr bis Sonnenuntergang
Kunstführungen am 13. August, 3. September, 10. September und 17. September, jeweils 17.00 Uhr.

www.lgswangen2024.de

Informationen unter www.lgswangen2024.de

In der Bildergalerie weitere Impressionen aus der Freiluftgalerie auf der Landesgartenschau. Fotos: Herbert Eichhorn



BILDERGALERIE

Fotos: Herbert Eichhorn

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