Das hölzerne Bauwerk auf der Landesgartenschau hat einen ganz besonderen Fan
Wangen – Wer den 22 Meter hohen Aussichtsturm besteigt oder sich am Fuß des Turms aufhält, bekommt ihn mit großer Sicherheit zu sehen und kann sich von ihm außer architektonischen Details noch jede Menge Geschichten rund um das längst nicht mehr umstrittene Bauwerk auf der Landesgartenschau erzählen lassen. Hans-Jürgen – „und weiter braucht es nichts“ – ist hier so etwas wie der Türmer. „Nur sechs Tage war ich insgesamt nicht da“, erzählt er und zeigt stolz auf seine Mülltüte, in der zig Zigarettenkippen liegen. Sechs Stunden ist er im Schnitt am Tag da, bei schönem Wetter auch gern mal mehr.
Einen offiziellen Auftrag hat Türmer Hans-Jürgen, der aus dem Stuttgarter Raum stammt und in Wangen hangen geblieben ist, nicht. „Das Leben hat es so gewollt“, fasst er zusammen und zeigt auf seinen großen roten Rucksack. „Der ist immer dabei und ich bin unabhängig.“ Erst ein paar Wochen nach der Eröffnung ist Dauerkartenbesitzer Hans-Jürgen ins Team der Ehrenamtlichen aufgenommen worden, „der Job hier hat sich halt so allmählich entwickelt“. Sein hellblaues LGS-T-Shirt trägt er inzwischen mit Stolz. Während er spricht, streicht er liebevoll über das Holz. „Nicht gut, wenn das von innen nass wird.“ Deshalb wacht er auch über den Abfluss und meldet Verstopfungen.
„Ich wollte schon als Kind immer nur nach oben“, erklärt er seine Motivation. Türme und Berge seien seins. „Ich brenn einfach für den Turm hier.“ Und berichtet, dass er insgesamt dreimal bei Führungen des „Erfinders“ des Turms Professor Achim Menges von der Universität Stuttgart dabei war. „Jetzt kann ich den Leuten alles erzählen.“ Und er weiß nicht nur die architektonischen Details und die Namen der umliegenden Berge, sondern auch die Anzahl und Beschaffenheit der Stufen. Sogar von den Stufenpaten kennt er die meisten persönlich.
Am liebsten ist er natürlich oben auf der Plattform. Bei schlechtem Wetter auch gern mal allein, aber den Kontakt mit anderen scheut er nicht. „Sie glauben gar nicht, was das hier für tolle Begegnungen sind.“ Seine schönste? „Da gibt es viele, aber als neulich 25 Kindergartenkinder da waren und die Knirpse nicht übers Geländer schauen konnten, hab‘ ich sie einzeln hochgehoben und ihnen die Aussicht erklärt.“ Am anderen Tag hatte er Muskelkater in den Armen. Und zeigt das „Turmäffle“, ein kleines Gummitier. „Damit krieg‘ ich jedes Kind ruhig.“
Bei den Erwachsenen seien es manchmal richtige Führungen, sagt er, die im Schnitt etwa 30 Minuten dauern. „Manche sind schon auch lustig und glauben alles“, lacht er, „mit denen mach‘ ich dann auch Späßchen. Neulich haben welche den Unsinn geglaubt, dass wir nach dem 6.10. den Turm abbrennen.“ Von den vielen Besuchen dort oben weiß er, dass etwa 10 Prozent nur wegen des Turms auf die Landesgartenschau gekommen seien. „Das hat den OB natürlich gefreut“, weiß er und überhaupt: „Zu ihm hab‘ ich einen besonderen Draht.“
Über den Turm kann er stundenlang reden, von sich selbst gibt er wenig preis. „Ein Freigeist bin ich“, sagt er. Und antwortet auf die Frage, was für ihn nach der Landesgartenschau kommt: „Das Leben wird es zeigen.“
Hans-Jürgen, der Turmfan