Skip to main content
ANZEIGE
Leserbrief

Da hörten wir die Soldatenstiefel



80 Jahre nach Kriegsende nimmt die Zahl der Augenzeugen naturgemäß stark ab. Hans-Joachim Schodlok, wohnhaft in Dietmanns, hat das Kriegsende in Sachsen-Anhalt als vierjähriger Bub erlebt und ist dann in Bayern aufgewachsen. Er hat uns einige Erinnerungen zukommen lassen.

Ich habe den Einmarsch der Roten Armee in der Ortschaft Schleesen, ca 30 km östlich von Dessau, erlebt. Wir, meine Mutter, meine zwei Tanten, meine Oma und wir drei Kinder hatten uns in das oberste Stockwerk des dortigen Schulhauses zurückgezogen. Ich höre immer noch die schweren Soldatenstiefel die Treppe hochpoltern. Mit einem Tritt flog die Tür auf. Drei Sowjetsoldaten fuchtelten vor uns mit ihren Maschinenpistolen herum. Plötzlich fiel deren Anführer auf die Knie und stammelte mehrmals Pan, Pan (Herr). Er hatte das übergroße Bild von Christus und Maria gesehen, das an der Wand hing.

Meine Tante Erna hatte sich in der Aufregung an einer Glasscherbe eine Pulsader verletzt. Der Anführer nahm sie mit, obwohl sie Widerstand leistete. Nach einer längeren Wartezeit brachte er sie ordentlich verbunden zurück. Der russische Truppenarzt hatte sie behandelt. Dass die Frauen damals fürchterliche Angst hatten, war nach den von Russen, Polen und Tschechen in den Ostgebieten bekannt gewordenen Massenvergewaltigungen und Massenmorden wohl verständlich.

Einige Tage später stand ich mit meiner Oma im Garten des Hauses. Auf dem Gehweg daneben lief ein vermutlich höherer russischer Offizier mit auffallend vielen Orden vorbei. Er nahm uns nicht wahr, als ob er durch uns durchsehen würde. Dabei murmelte er ständig: „Unsere Soldaten –  Schweine.” Ich habe nie in meinem weiteren Leben einen innerlich so tief erschütterten Menschen gesehen. Vielleicht war es Alexander Solschenizyn oder Lew Kopelew, der da an uns vorbeilief?

Über uns war offensichtlich eine schützende Hand. Diese hat mich zuvor im Bombenkrieg, bei einem Tieffliegerangriff und auch bei unserer Flucht aus dem Wartheland vor Schlimmeren bewahrt. Beim Angriff auf Dessau im März 1945 brannte dicht neben dem Eingang zu unserem provisorischen Luftschutzkeller ein „Christbaum”, so nannte der Volksmund damals die von den Bomberverbänden abgeworfenen Magnesium-Zielmarkierungen. Mein Kindergarten-Freund verbrannte, zwischen Balken eingeklemmt, bei lebendigem Leibe. 

Leider hatten mein Großvater (im Mai 1945 von Polen ermordet), mein Onkel Rudi (1946 von Tschechen bei der Zwangsarbeit ermordet) und mein Bruder Gero (im Februar 1947 ein Opfer der von General Eisenhower für die bis dahin noch überlebenden Angehörigen des deutschen Volkes verhängten Hungerbestrafung und der völlig zusammengebrochenen medizinischen Versorgung / geschätzt  600.000 bis 1 Million Hunger- und Kälteopfer 1946/47) leider nicht dieses Glück. Während der Dauer unseres Aufenthaltes in der Russenzone bis zum Herbst 1946 mussten wir nach meiner Erinnerung weder hungern noch frieren.

Wie sehr der Tod damals zuschlug, erkannte ich an den vielen neuen Gräbern an unserem Dorffriedhof in Oberbayern mit Namen von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen. Nicht alle davon sind verhungert. So auch nicht das Bauernehepaar aus dem Banat. Der alte Bauer hatte seinen Hof gemalt und mir sein Bild erklärt. Er sagte zu mir, er wisse noch, wie jeder Stein aussieht. Wenige Tage später lebte er und seine Frau nicht mehr. Die Verzweiflung über den Verlust der Heimat war für sie zu groß.
Hans-Joachim Schodlok, Bad Wurzach-Dietmanns

Anm. d. Red.: Das Zitat des hochdekorierten Offiziers der Roten Armee ist authentisch, auch wenn die Assoziation des Leserbrief-Autors bezüglich Solschenizyn und Kopelew wohl unhistorisch ist.




NEUESTE BEITRÄGE

Impressionen, fotografisch eingefangen von Simone Martin und Hannah Althammer

Bilder vom Bad Waldseer “Lauffieber”

Bad Waldsee (rei) – Es war wieder grandios, das Bad Waldseer “Lauffieber”. 2500 Läufer und Läuferinnen, jung und alt, fieberten um die Wette, waren dabei aus Spaß an der Freud oder mit ernsthaftem sportlichen Willen zur Höchstleistung. Auch das Wetter machte mit, so dass die 23. Auflage des weithin bekannten Sportfestes rundum gelungen war. Simone Martin und Hannah Althammer machten für die Bildschirmzeitung Fotos.
mit Bildergalerie
veröffentlicht am 19. Mai 2025
Überlebenswichtig für die Menschen und doch bedroht

“Bienen sind ein Erfolgsmodell der Natur”

Bad Waldsee-Reute – Bienen spielen eine lebenswichtige Rolle im Ökosystem. Und doch sind nach wie vor viele Arten in ihrer Existenz bedroht. Sr. M. Hiltrud Wachter betreut im Kloster Reute 20 Bienenvölker. Als Franziskanerin hat sie eine besondere Verbindung zur Schöpfung. Sie kennt den Nutzen, den die Menschen von den Bienen haben. Auch am internationalen Tag der Biene wirbt sie für einen besseren Schutz dieser Mitgeschöpfe.
Polizei kontrolliert Tuning-Szene

Zu laut, unzulässige und glatte Reifen

Ulm-Biberach – Wie in der Vergangenheit mehrfach angekündigt, hatte die Polizei auch am vergangenen Wochenende einen verstärkten Blick auf getunte Autos sowie Motorräder. Im Rahmen der Biberacher Car Days Veranstaltung war die Polizei am Sonntag zwischen 8.30 Uhr und 14.30 Uhr mit mehreren Streifen im Stadtgebiet von Biberach unterwegs. Insgesamt kontrollierte die Polizei 21 Fahrzeuge, darunter 15 Pkw und sechs Motorräder sowie die jeweiligen Fahrzeuglenkenden. Sechs Fahrzeuge beanstandete di…
Sascha Fillies

Der Mann an der Spitze des Erwin-Hymer-Museums

Bad Waldsee – Seit gut einem Jahr leitet Sascha Fillies das Erwin-Hymer-Museum (EHM) in Bad Waldsee und  sorgt für frischen Wind und spannende neue Formate. Unter seiner Führung hat das Museum nicht nur seine Traditionen bewahrt, sondern auch kreative Ideen eingeführt, die das Besuchserlebnis bereichern. Der Besuch des EHM ist längst kein Zufall mehr – es ist ein Ziel für Technikinteressierte, Reisefans und Liebhaber der Geschichte des mobilen Reisens.
Ehrenamtlich organisiert, tausendfach besucht

Das 23. Bad Waldseer Lauffieber: die Ergebnisse

Bad Waldsee – Am Samstag, 17. Mai, wurde Bad Waldsee erneut zur Bühne für eines der größten Laufsportevents der Region: das “Lauffieber”. Bei schönem Wetter wurde ein Fest der Bewegung, des Sports und der Gemeinschaft gefeiert. Vanessa Stärk und Luis Grünvogel wurden Stadtmeister im Halbmarathon. Matthias Koch und Paulina Wolf waren die besten Bad Waldseer über 10 Kilometer. Alle Ergebnisse mit Zeiten und Herkunftsorten sind hier in der Bildschirmzeitung unter dem roten Button am Ende dieses…

MEISTGELESEN

Frank Metzger und seine Musiker in Hauerz

Böhmische Blasmusik voller Herz und Schmerz

Hauerz – Am vergangenen Samstagabend (10.5.) wurde in Hauerz ein besonderes musikalisches Highlight gefeiert: Ein Konzert ganz im Zeichen der böhmischen Blasmusik, die tief in den Herzen der Menschen verwurzelt ist. Die Liebe zu dieser traditionellen Musikform spürt man in jeder Note, und die Atmosphäre war geprägt von Emotionen, Nostalgie und Gemeinschaftsgeist.
mit Bildergalerie
veröffentlicht am 14. Mai 2025
Ehrenamtlich organisiert, tausendfach besucht

Das 23. Bad Waldseer Lauffieber: die Ergebnisse

Bad Waldsee – Am Samstag, 17. Mai, wurde Bad Waldsee erneut zur Bühne für eines der größten Laufsportevents der Region: das “Lauffieber”. Bei schönem Wetter wurde ein Fest der Bewegung, des Sports und der Gemeinschaft gefeiert. Vanessa Stärk und Luis Grünvogel wurden Stadtmeister im Halbmarathon. Matthias Koch und Paulina Wolf waren die besten Bad Waldseer über 10 Kilometer. Alle Ergebnisse mit Zeiten und Herkunftsorten sind hier in der Bildschirmzeitung unter dem roten Button am Ende dieses…
Jubiläum

SaluVet feierte 10. Geburtstag

Bad Waldsee – Am vergangenen Mittwoch (7.5.) feierte die SaluVet GmbH in Bad Waldsee ihren zehnten Geburtstag. Mit ihrem markanten, runden Produktions- und dem modernen Verwaltungsgebäude gehört das Unternehmen zu den Schwergewichten zwischen Stahl- und Steinstraße.
Leserbrief

Kurzsichtige Entscheidung

In Ingoldingen gibt es einen Konflikt um den Waldkindergarten. Eine Elternbeirätin hat uns nachstehehenden Leserbrief geschickt:
von Sonja Hummel
veröffentlicht am 16. Mai 2025
Leserfoto

Das Wasser am Arnacher Schafsbrunnen …

… mundet diesen Pferden. Gemacht hat den Schnappschuss Theresia Thieme-Sigg. Sie gehörte zu der Gruppe aus drei Frauen, die am vergangenen Samstag durch Arnach ritt.

TOP-THEMEN

Bad Waldsee (rei) – Es war wieder grandios, das Bad Waldseer “Lauffieber”. 2500 Läufer und Läuferinnen, jung und alt,…
Bad Waldsee – Seit gut einem Jahr leitet Sascha Fillies das Erwin-Hymer-Museum (EHM) in Bad Waldsee und  sorgt für fr…
Leutkirch – Ein mit zwei Personen besetzter Ferrari befuhr am Sonntagabend (18.5.) die A 96 in Richtung Memmingen. Vo…

VERANSTALTUNGEN